Cham
Klosterkirche Heiligkreuz
Sonntag, 9. Juli 2023, 17.00 Uhr
«Altbekannt?»
quintette moraguÈs

Michel Moraguès, Flöte

Geboren 1963 in Paris. Ausbildung am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris. Gründungsmitglied des Quintette Moraguès. Seit 1989 Soloflötist im Orchestre National de France und Professor für Kammermusik am Pariser Konservatorium.

David Walter, Oboe

Geboren 1958 in Paris. Ausbildung am Pariser Konservatorium. Gründungsmitglied des Quintette Moraguès. Seit 1987 Professor für Oboe und Kammermusik am Pariser Konservatorium, später auch an der Guildhall School of Music in London. Schöpfer von zahllosen Bearbeitungen für Bläserquintett.

Pascal Moraguès, Klarinette

Geboren 1963 in Paris. Ausbildung am Pariser Konservatorium. Gründungsmitglied des Quintette Moraguès. Seit 1981 1. Soloklarinettist des Orchestre de Paris. Seit 1995 Professor am Pariser Konservatorium. Gastprofessuren am Royal College of Music in London und im japanischen Osaka.

Pierre Moraguès, Horn

Geboren 1961 in Paris. Ausbildung am Pariser Konservatorium. Gründungsmitglied des Quintette Moraguès. Seit 1984 Solohornist im Orchester der Opéra National de Paris. Begeisterter Kammermusiker. Professor am Conservatoire National de Région de St Maur des Fossés.

Giorgio Mandolesi, Fagott

Ausbildung in Rom, Florenz, Siena und Mailand. Seit 2003 Solofagottist im Orchestre de Paris. Seit 2001 Professor für Fagott, Barockfagott und Kammermusik an der Musikhochschule Zürich und seit 2007 Professor für historisches Fagott am Pariser Konservatorium.

Programm

Ludwig van Beethoven (1770–1827)

Quintett nach dem Bläseroktett Es-Dur op. 103 «Parthia» (1792)

Allegro

Andante

Menuetto. Allegro – Trio

Finale. Presto

 

Edvard Grieg (1843–1907) 

Allegro aus dem Streichquartett g-Moll op. 27 (1877/78)

 

Antonín Dvořák (1841–1904)

Quintett F-Dur nach dem Streichquartett F-Dur op. 96 (Amerikanisches Quartett, 1893)

Allegro ma non troppo

Lento 

Molto vivace

Finale. Vivace ma non troppo

Ticketreservation

Anfahrt

Adresse: Kloster Heiligkreuz, Heiligkreuzstrasse 1, Cham. Anfahrt über die Sinserstrasse. Parkplätze vorhanden.

 

ÖV: Bus Linie 43 ab Bahnhof Cham (Haltestelle Heiligkreuz).

Quintette Moraguès

Das Quintette Moraguès mit den drei Brüdern Pierre, Michel und Pascal Moraguès, alles gebürtige Pariser, wurde 1980 in Paris gegründet und besteht mit Ausnahme des Fagottisten heute noch aus den Gründungsmitgliedern – sicher eines der Geheimnisse für das bis ins Kleinste ausgefeilte Zusammenspiel, das fast blinde gegenseitige Verständnis und die enorme Ausstrahlungskraft des Ensembles. Eine zweite Besonderheit sind die genialen Arrangements von David Walter, in denen er Spitzenwerke für ganz andere Besetzungen für das Bläserquintett bearbeitet. Antonín Dvořáks berühmtes amerikanisches Streichquartett in der Einrichtung für fünf Bläser: welch überraschendes und zugleich ungemein bereicherndes Hörerlebnis! In diesem Sinne ist das heutige Konzert auch eine Hommage an David Walter, der so viel zur Erweiterung der Bläserquintett-Literatur beigetragen hat.

Altbekannt?

Wenn sich deutsche Fürsten Ende des 18. Jahrhunderts zum politischen Gespräch versammelten, durfte die Musik nicht fehlen. Mittlerweile war man aber dazu übergegangen, die einst aus gemischten Ensembles bestehende Tafelmusik aus reinen Bläserensembles, sogenannten Harmoniemusiken, zu bilden. Als Deutschlands beste Harmoniemusik galt diejenige des Kölner Kurfürsten, zu dessen Bonner Hofkapelle auch der junge Beethoven gehörte. Für sie komponierte er 1792, kurz vor seiner zweiten Reise nach Wien, das Es-Dur-Bläseroktett. Obwohl es zu seinen schönsten Bonner Frühwerken gehört, hat es Beethoven selbst zeitlebens nicht veröffentlicht, vielleicht auch deshalb, weil es ihn an eine peinliche Jugendsünde erinnerte. 1792 wurde der junge Bonner nämlich als staatlich gefördertes Talent nach Wien geschickt, um «Mozarts Geist aus Haydns Händen» zu empfangen. Mit Recht konnten Beethovens staatliche Förderer Fortschritte ihres Schützlings erwarten. Umso verständlicher die Verwunderung des Kölner Kurfürsten, als ihm Beethovens Lehrer Joseph Haydn 1793 einen Packen mit angeblich neuen Stücken seines Schülers übersandte, darunter auch das in Bonn längst bekannte Bläseroktett. Entsprechend indigniert war die Antwort des Kurfürsten an Haydn: «Ich zweifle sehr, dass er bey seinem itzigen Aufenthalte wichtigere Fortschritte in der Composition und Geschmak gemacht haben werde und fürchte, dass Er eben so wie bei seiner ersten Wienner Reise bloss Schulden von seiner Reise mitbringen werde.» Dass Beethoven gar nicht mehr nach Bonn zurückkehren wollte, konnte der Kurfürst ja noch nicht ahnen.

Beethoven selbst hat das Bläseroktett 1796 für Streichquintett arrangiert und es dabei grundlegend erweitert und umgearbeitet. Heute hören wir das Oktett in der Einrichtung von David Walter für Bläserquintett. Die hohe Kunst des Arrangeurs bewirkt ein faszinierend neues Hörerlebnis, das noch viel interessanter wird, wenn Streichquartette zu Bläserquintetten werden, wenn also David Walter den schnellen Satz aus dem g-Moll-Streichquartett von Edvard Grieg oder das ganze «Amerikanische Quartett» von Antonín Dvořák für die Besetzung mit Bläserquintett umschreibt und durch die andere Instrumentierung ganz andere Farben und ein Klangbild erzeugt, das zwar irgendwie vertraut und altbekannt ist, aber gleichwohl völlig neu erscheint.

Dvořák, in die USA eingeladen, um den Amerikanern den Weg zu einer eigenständigen Nationalmusik zu weisen, war seit 1892 Direktor des Konservatoriums in New York. Den Sommer 1893 verbrachte er in Spillville (Iowa), einem winzigen, böhmisch geprägten Bauerndorf im Mittleren Westen der USA. Hier, auf Spaziergängen entlang des Turkey River, entstand das Amerikanische Quartett, wobei Dvořák so produktiv war, dass die Manschetten seines Hemds jeweils in kürzester Zeit mit Noten vollgekritzelt waren und er wieder ins Dorf zurückkehren wollte, sehr zum Leidwesen seiner Söhne, die deshalb fast gar nicht zum Angeln kamen.

Zum Konzertort

Am Ort des heutigen Klosters wurde 1711 wegen der zunehmenden Wallfahrt zum Heiligen Kreuz, einem Wundenkruzifix aus dem späten 17. Jahrhundert, an Stelle eines älteren Kapellchens eine grössere neue Kapelle errichtet und dem Heiligen Kreuz geweiht. Das Gnadenbild des «Elenden Kreuzes» hat sich bis heute erhalten und befindet sich jetzt in der Klosterkirche. Das Kloster selbst, das den Patroziniumsnamen Heiligkreuz weiterführte, entstand 1857, als sich hier Lehrschwestern niederliessen, die 1853 samt ihrer Vorsteherin, der aus Cham gebürtigen Maria Ottilia Kaufmann, von der radikalen Luzerner Kantonsregierung aus Baldegg vertrieben worden waren und seit Winter 1853/54 in Cham die Mädchenschule führten. 1892 Anschluss an die Kongregation der Olivetaner-Benediktiner von Monte Oliveto bei Siena. Zum Kloster gehörte ein Lehrerinnenseminar, das bis 2006 betrieben wurde. Die Klosterkirche, unser Konzertort, wurde 1867/68 gebaut und erhielt ihre heutige Form 1933/34. Fresko des bedeutenden Kirchenmalers Fritz Kunz an der Rückwand des Hochaltarraums.

Einführung zum Konzertort

Sr. M. Mattia Fähndrich Priorin des Klosters Heiligkreuz

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