CHAM
Kalandersaal der ehemaligen Papierfabrik
SONNTAG, 13. JULI 2025, 17.00 UHR
«BRAHMS MADE IN SWITZERLAND»
Brautigam, Hoppe, Poltéra
Geboren in Amsterdam. Schüler des legendären Rudolf Serkin. 1984 erhielt er den «Nederlandse Muziekprijs», die höchste musikalische Auszeichnung des Landes. Experte für das Spiel auf dem historischen Hammerflügel. 2011–2024 Professor an der Musikhochschule Basel.
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Geboren in Zug. Studien in Basel, Philadelphia (Curtis Institute of Music), London und Zürich. 1. Preise am Internationalen Mozart-Wettbewerb Salzburg und am ARD-Wettbewerb München. Internationale Konzerttätigkeit. Professur an der Universität Mozarteum Salzburg. Spielt die De Ahna-Stradivari von 1722.
Geboren 1977 in Zürich. Studium bei Heinrich Schiff in Salzburg und Wien. Konzertiert weltweit als Solist und Kammermusiker. Streichtrio mit Frank Peter Zimmermann und Antoine Tamestit. Professur an der Hochschule für Musik in Luzern. Spielt das «Mara»-Violoncello von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1711.
Programm
Johannes Brahms (1833–1897)
Sonate Nr. 2 F-Dur op. 99 für Violoncello und Klavier (1886)
- Allegro vivace
- Allegro affettuoso
- Allegro passionato
- Allegro molto
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Sonate Nr. 2 A-Dur op. 100 für Violine und Klavier (1886)
- Allegro amabile
- Andante tranquillo – Vivace
- Allegretto grazioso, quasi andante
Klaviertrio Nr. 3 c-Moll op. 101 (1886)
Allegro energico
Presto assai
Andante grazioso
Finale. Allegro molto
Blüthner-Hammerflügel von 1859: Clavierwerkstatt Christoph Kern, Staufen im Breisgau
Anfahrt
Adresse: Fabrikstrasse 5, 6330 Cham.
Anfahrt über die Knonauerstrasse.
Parkplätze im Parkhaus A Papieriring (signalisiert).
ÖV: Bus Linie 42 ab Bahnhof Cham (Haltestelle Löbernmatt).
BLÜTHNER MEETS STRADIVARI
Kammermusik in ihrer idealsten und schönsten Form bedingt nicht bloss objektive Qualitäten wie Beherrschung von Instrument und Verinnerlichung des musikalischen Texts, sondern basiert auch auf persönlicher Freundschaft und Vertrautheit. Ronald Brautigam, Esther Hoppe und Christian Poltéra spielen seit nunmehr bald zehn Jahren zusammen. In dieser Zeit, in Proben und Konzerten, im Aufnahmestudio, aber auch abseits der Bühne ist eine Zusammengehörigkeit gewachsen, die ihrer musikalischen Verständigung eine fast selbstverständliche Leichtigkeit verleiht. Roland Brautigam bewegt sich dabei ganz undogmatisch zwischen der historischen Aufführungspraxis und dem modernen Klavierspiel. In Cham steht ein Blüthner-Hammerflügel von 1859 auf der Bühne. Dazu gesellen sich zwei Stradivari-Instrumente: die De Ahna-Violine von 1722 und das berühmte «Mara»-Violoncello von 1711. Welch besonderes Hörerlebnis!
BRAHMS MADE IN SWITZERLAND
Den Sommer 1886 verbrachte Johannes Brahms in der Schweiz am Thunersee. Es wurde ein eigentlicher Kammermusiksommer, entstanden doch hier nebst zahlreichen Liedern seine zweite Violinsonate, die zweite Cellosonate und das dritte Klaviertrio – die Opuszahlen 99, 100 und 101.
Die drei Werke könnten in ihrem Charakter unterschiedlicher nicht sein: Kraftvoll und frühlingshaft zupackend die Cellosonate, sommerlich verträumt und liedhaft singend die Violinsonate, herbstlich düster – zumindest teilweise – das Klaviertrio. Es waren nicht nur der tragische Tod des Bayernkönigs oder die Ärgernisse der aktuellen Wiener Politik, die Brahms für diesen Sommer aus der geliebten Wahlheimat Österreich vertrieben. Es war vor allem das wachsende Gefühl von Vereinsamung, das sich dem alternden Junggesellen immer stärker aufzudrängen begann. Statt erneut ein sinfonisches Werk zu schreiben, zog er sich ganz in die Innerlichkeit der Kammermusik zurück und vertraute ihr Bekenntnisse an, die umso persönlicher waren.
Bei seiner zweiten Cellosonate, geschaffen zwanzig Jahre nach der ersten, stand Brahms einer der grossartigsten Cellisten seiner Zeit vor Augen: Robert Hausmann, Mitglied im Joachim Quartett, ein Hüne von Gestalt mit grossem, energiegeladenem Celloton. Wie alle Werkanfänge, die Brahms für Hausmann komponiert hat (Doppelkonzert, 2. Streichquintett), ist auch der Einstieg der Sonate kraftvoll ausladend über wild-bewegtem Klanggrund.
Die zweite Violinsonate, allgemein bekannt als «Thuner Sonate», wurde von Biograph Max Kalbeck eine «Liebes- und Lieder-Sonate» genannt. Es blüht und schwebt. Allegro amabile schrieb der Komponist hinreichend deutlich über den ersten Satz, und auch sonst hat er aus dem Umstand, dass das Werk «in Erwartung einer lieben Freundin» komponiert wurde, keinen Hehl gemacht. Die Sonate ist ein Gedicht in drei Strophen zu Ehren der Sängerin Hermine Spies, die ihn aus Wiesbaden besuchte.
In der «Schicksalstonart» c-Moll geschrieben, zeugt das Klaviertrio c-Moll als einziges der drei Werke von den Schatten, die durchaus über jenem Sommer lagen. Seine Freundin Elisabeth von Herzogenberg, die seine neuen Stücke stets als eine der Ersten studieren durfte, meinte zum Trio: «Es ist besser als alle Photographien und so das eigentliche Bild von Ihnen.» Gleichwohl finden sich im scheinbar so strengen c-Moll-Trio auch etliche Spuren von ungarischem und wienerischem Volkston. Das Seitenthema des ersten Satzes ist ein Wiener Walzer, der langsame Satz ein «Zwiefacher» aus dem Alpenland, das Finale gipfelt in einem ungarischen Csárdás. Brahms war in diesem Sommer stimmungsmässig hin und her gerissen, und er schrieb, er werde es sich zweimal überlegen, ob er als Komponist «unter blauem oder grauem Himmel spazieren» wolle. Der Wechsel zwischen grauer Herbststimmung und strahlend blauem Sommerlicht prägt auch das Trio.
Zum Konzertort
Rund 11 Hektaren gross ist das Fabrikgelände der ehemaligen Chamer Papieri zwischen Lorze und Knonauerstrasse. Wo mehr als 350 Jahre lang zuerst handwerklich, dann maschinell und fabrikmässig Papier produziert wurde, entsteht seit 2019 in mehreren grossen Etappen ein neues Wohn- und Arbeitsquartier. Etwa ein Drittel des alten Baubestands auf dem Papieri-Areal bleibt erhalten und wird umgenutzt. Zu diesen denkmalgeschützen Bauten gehört auch der Kalanderbau von 1910. Er ist das architektonische Prestigestück der Papierfabrik Cham. Geschaffen vom renommierten Architekturbüro Séquin & Knobel aus Rüti, orientiert er sich an der damals gängigen historischen Schlossarchitektur und wird so zum steingewordenen Ausdruck des grossen Selbstbewusstseins der damals so wichtigen Fabrik. Konzertort ist der grosse Kalandersaal im Erdgeschoss, dessen industrieller Charakter, abgesehen von den weggeräumten Maschinen, noch weitgehend unberührt ist. Übrigens: Der Kalander ist eine Maschine mit mehreren Walzen zum Glätten oder Satinieren des Papiers.
Einführung zum Konzertort
Thomas Aebischer dipl. Ing. ETH Zürich, CEO Cham Swiss Properties