OBERÄGERI
Gemeindesaal Maienmatt  
SONNTAG, 3. AUGUST 2025, 17.00 UHR

«OriGINAL? BEARBEITUNG?»
IMMANUEL RICHTER, JOHAN TREICHEL, STREICHERENSEMBLE

 

Immanuel Richter, Trompete

Geboren 1974. Ausbildung an der Musikhochschule Zürich bei Claude Rippas. Solotrompeter im Orchester der Oper Zürich, im Sinfonieorchester St. Gallen, im Orchestra della Svizzera Italiana, an der Scala in Mailand und seit 2009 im Sinfonieorchester Basel. Professur an der Musikhochschule Luzern.

 

Johan Treichel, Cembalo

Geboren im Kanton Neuenburg. Ausbildung in La Chaux-de-Fonds, Neuchâtel, Genf, Stuttgart, Bern und Zürich (Klavier, Orgel, Komposition, Orchesterleitung). Intensive Konzert- und vor allem auch Kompositionstätigkeit. Seit 2021 Organist an der Stiftskirche von Saint-Imier im Berner Jura.

Mihai Frâncu, Violine

Geboren 1983 in Bukarest. Musikgymnasium in Rumänien. Studium in La Chaux-de-Fonds (Alexandru Gavrilovici) und an der Hochschule für Musik in Lausanne (Gunars Larsens). Mitwirkung im Sinfonieorchester Biel, im Ensemble Symphonique Neuchâtelois und in der Sinfonietta Schaffhausen.

 

Gevorg Vardanyan, Violine

Geboren in Armenien. Ausbildung im spanischen Malaga, in den Niederlanden und in Genf (Barockvioline bei Florence Malgoire). 2005 Bratscher im «West-Eastern Divan Orchestra» unter der Leitung von Daniel Barenboim. Grosse Leidenschaft für den Tango, unter anderem im Tangoquintett «Equinox».

Carmen Martinez, Viola

Geboren 1984 in Granada. Ausbildung in Andalusien und ab 2006 in der Schweiz (Musikhochschule Genf bei Nobuko Imai). Spezialisierung auf Alte Musik. Weit gefächerte Konzert- und Orchestertätigkeit. Projektarbeit in Brasilien mit jungen, mittellosen Orchestermusikern. Heute wieder in Spanien.

 

Marina Cotallo, Violoncello

eboren 1987 in Madrid. Studium an der Musikhochschule Cordoba, an der Genfer Musikhochschule in Neuchâtel bei Denis Severin und an der Hochschule für Musik in Basel bei Katharina Gohl Moser. Begeisterte Kammermusikerin. Lehrtätigkeit an der Musikschule Gerlafingen und an der Freien Musikschule Basel.

Programm

Johann Sebastian Bach (1685–1750) / Antonio Vivaldi (1678–1741)

Concerto für Cembalo BWV 972 nach Vivaldis Violinkonzert in D-Dur, arrangiert für Trompete durch Immanuel Richter
 

Johann Sebastian Bach (1685–1750)

Cembalokonzert d-Moll BWV 1052

Johann Melchior Molter (um 1695–1765)

Trompetenkonzert in D-Dur Nr. 1

 

Johann Sebastian Bach (1685–1750) / Alessandro Marcello (1673–1747)

Concerto für Cembalo BWV 974 nach Marcellos Oboenkonzert in d-Moll, arrangiert für Trompete durch Immanuel Richter

Georg Philipp Telemann (1681–1767)

Konzertsonate in D-Dur

 

Cembalo: La Bottega del Pianoforte, Bironico
 

Ticketreservation

Anfahrt

Adresse Maienmatt: Alosenstrasse 6, 6315 Oberägeri;

ÖV: Buslinie 601 ab Zug Metalli/Bahnhof Kante D bis Oberägeri Station; umsteigen in Bus 610 bis Maienmatt.

Mit Auto: Von Zug her bei der Pfarrkirche Oberägeri links abbiegen in die Alosenstrasse; Ziel nach 150 Metern auf der rechten Seite; Parkplätze direkt bei der Maienmatt.

NETZE KNÜPFEN

Sommerklänge, 14. Juli 2024, Pfarrkirche St. Rupert in Oberrüti: Das Barockensemble Chantegrève begeistert das Publikum. Aber nicht nur die phänomenale Sopranistin Hélène Walter steht im Mittelpunkt. Auch der junge, hierzulande kaum bekannte Westschweizer Cembalist Johan Treichel beeindruckt mit seinem Spiel. Spontan entscheidet Madeleine Nussbaumer, die künstlerische Leiterin der Sommerklänge: «Den möchte ich als Solisten wiederhören!». Sie fragt ihn und Immanuel Richter, den Shootingstar unter den Schweizer Trompetern, ob sie, die sich bisher nicht kennen, bereit wären, gemeinsam ein festliches Barockprogramm zum Abschluss der Jubiläumsausgabe «25 Jahre Sommerklänge» zu gestalten? Die Mariage gelingt und hat erst noch den schönen Nebeneffekt, dass es den Sommerklängen einmal mehr gelingt, die viel zu seltenen Beziehungen zwischen der welschen und der deutschschweizerischen Musikszene zu vertiefen.

Original? Bearbeitung?

Begeistert von seinen italienischen Komponistenkollegen, hat Johann Sebastian Bach einige ihrer Werke für Cembalo arrangiert, um sich intensiv mit dem italienischen Concerto-Stil auseinanderzusetzen. So entstand aus Antonio Vivaldis Violinkonzert in D-Dur das Concerto für Cembalo BWV 972 und aus Alessandro Marcellos Oboenkonzert das Concerto BWV 974. Bachs Bearbeitungen bildeten dann die Grundlage für Immanuel Richter, um diese Werke für die Trompete einzurichten.

Bachs d-Moll-Konzert BWV 1052 ist sein grösstes, virtuosestes und populärstes Cembalokonzert. Lange vor den Solokadenzen eines Mozart und Beethoven hat Bach in diesem Werk die ausgeschriebene Kadenz als integralen Bestandteil ins «Clavierkonzert» eingeführt. Felix Mendelssohn erkannte sofort, dass das d-Moll-Konzert alle Anforderungen an ein Virtuosenkonzert erfüllte. Indem er es regelmässig auf seine Programme setzte, hat er dem Werk den Weg als Klavierkonzert auf den modernen Flügeln des 19. Jahrhunderts bereitet und wesentlich zu seiner ungebrochenen Beliebtheit bis in unsere Tage beigetragen. Übrigens: Auch dieses Meisterwerk ist eine Bearbeitung! Allgemein vermutet die Forschung eine Erstfassung eines anderen Komponisten in Form eines Violinkonzerts, das Bach ebenfalls für Violine bearbeitete und um einen eigenen Mittelsatz ergänzte. Auf dieser Basis hätte er anschliessend einerseits Kantatensätze mit konzertierender Orgel und andererseits das berühmte Cembalokonzert geschaffen.

Mit Johann Melchior Molter und Georg Philipp Telemann stehen zwei weitere deutsche Barockkomponisten auf dem Programm. Doch auch diese beiden waren fasziniert von der blühenden italienischen Barockmusik. So erklingt etwa in der Einleitung des ersten Satzes der Konzertsonate von Telemann ein typisch italienischer Ciaccona-Bass im Dreivierteltakt. Auch der zweite Satz im Trompetenkonzert von Molter steht in seiner Gesanglichkeit dem langsamen Satz aus dem Marcello-Oboenkonzert in nichts nach. Molter unternahm eine zweijährige Studienreise nach Italien, was seine Kompositionsweise sichtlich stark beeinflusst hat. Beeindruckend, dass er diese zarten, gesanglichen Melodien original für die Trompete als Soloinstrument komponierte, was in der barocken Trompetenliteratur nicht allzu oft vorkommt.

Mit Bachs Cembalokonzert in d-Moll, seinen beiden Bearbeitungen BWV 972 und BWV 974, mit Telemanns Konzertsonate und Molters Trompetenkonzert könnte man auf den ersten Blick meinen, es würde ein Programm mit ausschliesslich deutscher Barockmusik erklingen. In Tat und Wahrheit aber bewegen wir uns stilistisch viel näher an der italienischen Barockmusik – ein bemerkenswerter Umstand, der aufzeigt, wie neugierig, interessiert und wissbegierig diese Komponisten waren und – basierend auf gegenseitiger Bewunderung – welch reger Austausch zwischen den Kulturen stattfand.

 

Zum Konzertort

Ende 1981 bewilligte die Einwohnergemeindeversammlung Oberägeri einen Kredit von 7,82 Millionen Franken für den Bau der Mehrzweckanlage Maienmatt. Der Spatenstich erfolgte im März 1983 und die Einweihung der Anlage mit dem grossen, holzbetonten Gemeindesaal im Juni 1985. Der Flurname Maienmatt lässt sich bis ins frühe 15. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Namenbestandteil Matte bezeugt, dass an diesem Ort während Jahrhunderten Landwirtschaft betrieben wurde. Überraschenderweise hat das Bestimmungswort Maien weder mit dem Monat Mai noch mit einem Maibaum oder mit dem Dialektausdruck für einen Blumenstrauss zu tun, sondern geht auf einen Personennamen zurück. 1417 wird die «Myen matt» erstmals bezeugt. Im gleichen Jahr nahmen die Eheleute Bürgi Züngler genannt Myen und Ita Schönmann, beide von Ägeri, einen Kredit auf und setzten dafür ein Grundpfand ein, dessen nördlicher Teil mit der heutigen Maienmatt identisch ist. Die Bedeutung des Beinamens Mien ist unklar. Vielleicht ist es der Genitiv des weiblichen Kurznamens Mia und wäre dann mit «Sohn der Mia» zu übersetzen.

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